Dr. Marc Esser, Hannes Fuß (veröffentlich in Healthcare Marketing 2011; 10(8):64-66)

Mit iPad & Co. mehr Erfolg im Marketing

10 entscheidende Punkte für Konzeption und Umsetzung: Digitale Aufbruchstimmung in der Healthcarebranche dank iPad & Co. Kaum ein Unternehmen, das derzeit nicht zumindest über Pilotprojekte nachdenkt. Wir stellen Ihnen 10 Erfolgsfaktoren für Ihr mobiles Marketing vor.

Steigende Kosten für Außendienstbesuche und abnehmende Akzeptanz zwingen Unternehmen, den Einsatz des Außendienstes effizienter zu machen. Eine Möglichkeit hierfür sind digitale Tools, mit denen man sich von Wettbewerbern absetzen kann und die einen wichtigen Beitrag zum Imagetransfer leisten sollen nach dem Motto: »Innovative Unternehmen benutzen innovative Tools«. Eigentlich scheint alles ganz einfach: Mit einem stylishen und leicht zu bedienenden Gadget wie dem iPad den Kunden begeistern. Problem: Die faszinierende Technik steckt die Ziele für die Qualität der Inhalte hoch. Verwöhnt von den Möglichkeiten erwarten die Kunden auch bei den Inhalten gute Ideen und eine überzeugende Umsetzung. Wenn Sie die folgenden 10 Punkte beachten, werden Sie mit Ihrer mobilen Marketingstrategie erfolgreich sein:

1. Planen Sie Ihre digitale Marketingstrategie

Manche Unternehmen versuchen Hals über Kopf, dem Außendienst digitale Lösungen zur Verfügung zu stellen. Eine wichtige Motivation ist das Gefühl, sonst den Anschluss zu verpassen. Zwar ist noch längst nicht ausgemacht, dass iPad & Co das Ende des Printmediums einläuten werden, trotzdem verfallen viele Unternehmen derzeit in einen hektischen Aktionismus. Besser ist es, kühl zu analysieren, welche Ziele mit der neuen Technologie tatsächlich erreicht werden sollen. Was verkauft und was nicht? Wenn Sie neue Tools konzipieren, sollten Sie die richtigen Leute ins Boot holen, um auf diese Frage relevante Antworten zu bekommen. Oft sind das nicht KOLs, Marketingverantwortliche oder auch Agenturen, die sich bereits zu weit von der Realität eines Verkaufsgesprächs entfernt haben. Fragen Sie die Außendienstler oder Kunden, hier erhalten Sie oft die wertvollsten Hinweise für Ihre digitale Verkaufsstrategie.

2. Schaffen Sie Akzeptanz

Nicht jeder Außendienstler freut sich über die neue Technik. Mehr Überwachung, mehr Messbarkeit, mehr Effizienzdruck und nicht zuletzt die nötige Einarbeitung machen manchen Mitarbeitern Angst. Hier gilt es Berührungsängste abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen, indem der Außendienst bereits in der Konzeptionsphase beteiligt wird. Das Zauberwort heißt hier »Change Management«.

3. Bleiben Sie realistisch

Anwendungen oder mobile Applikationen produzieren, auf dem iPad präsentieren und damit die Kunden so begeistern, dass diese sie gleich auf ihrem eigenen iPhone nutzen wollen – davon träumen derzeit viele in Marketing und Vertrieb. Leider sieht die Realität anders aus: Die meisten Handy- und Tablet-Programme werden kaum genutzt. Laut Localytics, einer auf App-Analyse spezialisierten Firma, werden 26 Prozent aller installierter Apps nur einmal genutzt. Die Hälfte aller Apps wird höchstens zehn Mal benutzt, bevor sie im Daten-Nirvana verschwinden.

4. Nutzen Sie Spieltrieb und Lernfreude

Printprodukte in eine animierte Präsentation zu übertragen – das reicht nicht. Der große Touchscreen von iPad & Co zieht die Aufmerksamkeit Ihrer Kunden auf sich. Umso mehr müssen Sie dafür sorgen, dass dabei nicht die Technik die Inhalte in den Schatten stellt. Doch wie interessante Inhalte erzeugen? Eine Patent­antwort hierauf gibt es nicht. Die Kommunikation von Produktbotschaften auf der einen Seite und das Schaffen von Anwendungsnutzen auf der anderen, ist ein schwieriger Balanceakt. Die naheliegende Lösung ist, Ihre Produktbotschaften in eine Lernumgebung einzubetten und zentrale Produktvorteile innerhalb dieser Lernumgebung eher »below-the-line« zu kommunizieren, denn iPad & Co sind ideale Plattformen, um Spieltrieb und Lernfreude Ihrer Kunden zu wecken. Versuchen Sie, Ihre Produktbotschaften z.B. als Quiz darzustellen oder im Rahmen eines Patientenfalls zu vermitteln. Durch Case Studies und Lernanwendungen lassen sich Applikationen schaffen, die den Spieltrieb Ihrer Kunden für Ihre Marketingziele ideal nutzen.

5. Versuchen Sie einen Trialog

Setzen Sie iPad & Co für ein Verkaufsgespräch ein, haben Sie es quasi mit einem Trialog zu tun. Außendienstler, Arzt und digitales Medium – alle müssen eine Rolle übernehmen. Auch wenn der Reiz groß ist, lassen Sie dabei das digitale Medium nicht zu dominant werden. Sie erzielen sonst denselben Effekt wie bei einer Powerpoint-Präsentation mit ausformulierten Sätzen: Ihnen hört keiner mehr zu. Versuchen Sie stattdessen folgende Rollenverteilung: Der Außendienstler übernimmt die Rolle eines Moderators, der zwischen digitalem Medium und Arzt vermittelt. So schaffen Sie im Idealfall eine perfekte Kombination von menschlicher und digitaler Kommunikation.

6. Optimieren Sie die Usability

Digitale Medien anwendungsreif machen, ist ein zeitaufwändiges Unterfangen. Debugging und Optimierung der Usability eines interaktiven Mediums gestalten sich oft sehr komplex und werden bei Planung und Budgetierung allzu leicht unterschätzt. Wer bisher nur mit Printmedien gearbeitet hat, wird überrascht sein, um wie viel größer der Aufwand bei der Erstellung von digitalen Medien ist. Vergessen Sie auch hier nicht, tatsächlich mit der Zielgruppe zu testen, also z.B. mit Außendienstler und Arzt. Es gibt selten digitale Projekte, bei denen die Einbeziehung der User in die Testphase nicht zu überraschenden Erkenntnissen führt.

7. Verwerten Sie Ihre mobilen Medien mehrfach

Es sind viele Anwendungen denkbar, wie Ärzte iPad & Co künftig nutzen können, etwa für die Patientenaufklärung. So können Animationen bei der OP-Aufklärung helfen, Patienten können radiologische Befunde demonstriert werden oder die Funktionsweise von Endoprothesen. Die hohen Kosten für die Erstellung digitaler Inhalte können schneller wieder amortisiert werden, wenn diese nicht nur für das Verkaufsgespräch des Außendienstes, sondern beispielsweise zusätzlich für die Patientenkommunikation des Arztes oder Ihre Messekommunikation verwendet werden. Durch neue Anordnung und angepasste Texte lassen sich im besten Fall aus bestehenden Elementen Anwendungen für unterschiedliche Zielgruppen erstellen. Berücksichtigt man eine Mehrfachverwendung zentraler Module schon bei der Konzeption und plant die nötigen Anpassungen im Voraus, lassen sich Kosten sparen.

8. Berücksichtigen Sie die digitale Affinität Ihrer Kunden

Denken Sie daran, Ihre Kunden nicht zu überfordern. Ein junger technikbegeisterter Radiologe wird digitalen Medien anders gegenübertreten als ein nicht mehr ganz so junger Psychiater. Eine kunden­orientierte Vorgehensweise kann dazu führen, dass nicht immer alle digitalen Medien eingesetzt werden, die zur Verfügung stehen. Lassen Sie dem Außendienst Freiräume selbst zu entscheiden, welche Me­dien er einsetzt, denn er kennt Ihre Kunden am besten.

9. Beantworten Sie die Schlüsselfrage: App oder mobile Website?

Auch wenn die Welt im App-Fieber ist, überlegen Sie, ob nicht eine interaktive und für die mobile Nutzung optimierte Website die bessere Variante ist. Mit HTML, CSS, PHP und neuen JavaScript-Frameworks wie jQuery Mobile können Touchscreen-optimierte Web-Anwendungen erstellt werden. Mit JavaScript-Frameworks sind Sie außerdem in der Lage, die im Web nach wie vor beliebten Flash-Medien weitgehend zu ersetzen. Flash wird von Apples iOS-Plattform nicht unterstützt und kann daher für plattformübergreifende mobile Websites nicht verwendet werden. Mobile Websites haben konkrete Vorteile: Sie sind plattformunabhängig, die Darstellung von Inhalten ist nicht auf eine bestimmte Hardware festgelegt. Bereits bestehende Medien Ihrer Webseiten können vielleicht sogar 1:1 übernommen werden. Außerdem gehen mobile Websites sofort nach Ihrer internen Freigabe live, die zeitaufwändige und bisweilen unsichere Genehmigung durch einen App-Store entfällt. Sie behalten die alleinige Kontrolle: Änderungen erfolgen über Ihren Webserver, so dass aktualisierte Inhalte sofort zur Verfügung stehen, was gerade für Branchen mit hoher Innovationsrate wie Pharma und MedTech von Vorteil ist. Dem gegenüber stehen auch Nachteile: So ist der Zugriff auf spezielle Funktionen der Hardware wie GPS oder Kamera über eine mobile Website bisher nicht möglich. Auch brauchen Online-Inhalte je nach Art der Netzverbindung eine gewisse Ladezeit.

Die Schlüsselfrage – App oder mobile Website:

  App   Mobile Website
+ Browserunabhängig + Plattformunabhängig
+ Internetverbindung nicht notwendig Internetverbindung i. d. R. notwendig
+ Zugriff auf spezielle Hardwarefunktionen (Adressbuch, Kamera, GPS) + Keine Installation erforderlich
Hohe Entwicklungskosten + Bestehende Webmedien können wiederverwendet werden
Autorisierung durch App-Store erforderlich + Schnelles Going-Live
Update durch User über App-Store + Einfache Aktualisierung auf dem Server

10. Integrieren Sie Ihr mobiles Marketing in Ihr CRM

Integrieren Sie Ihr mobiles Marketing unbedingt in Ihre Systeme zum Customer Relationship Marketing und zur Außendienststeuerung. Auswertung des Gesprächsverlaufs, Seitenaufrufe und Verweildauer: Arbeiten Sie mit einer mobilen Website, können Sie solche Parameter mit verbreiteten Analyse-Tools wie Google Analytics oder Piwik messen und für die Optimierung Ihrer Vertriebsteuerung und Kundenansprache nutzen.

Fazit

iPad & Co können als Präsentationstools in idealer Art und Weise für das Healthcaremarketing verwendet werden, wenn man einige Besonderheiten beachtet. Für die technische Umsetzung sind mobile Websites gegenüber Apps oft die bessere Alternative.